Zum Thesenpapier der Arbeitsgruppe „Sorge- und Umgangsrecht, insbesondere bei gemeinsamer Betreuung nach Trennung und Scheidung“
Sehr geehrte Frau Bundesministerin Dr. Lambrecht,
mein Name ist Karoline Ruhdorfer, Beamtin und dreifache Mutter. Seit einigen Jahren beobachte ich mit Sorge die Entwicklung im Kindschaftsrecht.
Durch meine Arbeit in der Selbsthilfegruppe „Mütterinitiative-Mamas wehren sich“ erlebe ich die schlimmen Folgen hautnah, die sich aus den gesteigerten Männerrechten für Mütter und ihre Kinder ergeben. Möglicherweise lesen Sie dies mit Verwunderung, denn regelmäßig werden Väterrechtsgruppen im Bundesjustizministerium vorstellig, um ihre (vermeintliche) Rechtlosigkeit mit viel Vehemenz zu beklagen und mehr Rechte für sich einzufordern. Dies immer unter dem Vorwand des Kindeswohles. Ja liebe Frau Dr. Lambrecht, ich bekenne mich dazu, parteiisch zu sein. Mein Einsatz gilt den Müttern und ihren Kindern. Aus dem einfachen Grund, weil sie von Anfang an tief emotional miteinander verbunden sind, umso mehr irritiert mich, dass zuzüglich zu den in den letzten Jahrzehnten erfolgten „Verbesserungen“ der Väterrechte, insbesondere die der nicht mit der Mutter verheirateten Vaters jetzt nochmal eins draufgesattelt werden soll. Man fragt sich: Wohin soll die Reise gehen? Ist das noch unter Gleichstellung zu verbuchen oder ist das vielmehr eine neue Form Unterwerfung der Frau unter den Mann? Den Rechten des Vaters stehen ja kaum wirkliche Pflichten gegenüber. Wenn er Umgang mit dem Kind möchte, wird er auch jetzt schon von den Familiengerichten zugestanden, unabhängig davon, ob das Kind (und seine Fürsprecherin, die Mutter) das möchte oder nicht. Hat der Vater keine Lust auf Kindesumgang gibt es kein Gericht der Welt, das ihn dazu verdonnert. Wenn er bereit ist Kindesunterhalt zu zahlen, ist das schön, will er nicht- auch gut. Dann springt halt der Steuerzahler ein. Weil das alles noch nicht reicht gibt es das oben genannte Thesenpapier zum Sorge- und Umgangsrecht.
Hier meine Kritik:
- Berufung der Experten
Frau Dr. Hildegund Sünderhauff
Man kann sie mit Fug und Recht als Deutschlands aktivste Verfechterin des sog „Wechselmodells“, dem Lieblingsthema aller Väterrechtsorganisationen bezeichnen. Sie schrieb ein dickes Buch zum Thema und zog von Väterveranstaltung zu Väterveranstaltung um den dort Anwesenden zu erzählen, was sie gerne hören möchten.
Herr Dr. M ichael Coester
Lt. Wikipedia setzt er sich besonders für die Verbesserung der Rechtsstellung des nichtehelichen Vaters ein. Im Umkehrschluss also eine Verschlechterung der Rechtsstellung der nichtverheirateten Mutter.
Frau Dr. Isabell Götz
„Einer zahlt, einer betreut – dass ist nicht mehr zeitgemäß“. Diesen Satz hörte ich das erste Mal im Zuge einer Väterveranstaltung. Dazu ist zu sagen, dass ich keine ledige Mutter kenne, die nicht berufstätig ist. Ich weiß noch nicht, ob Frau Dr. Götz von Väterrechtlern abschreibt oder sie selbst deren Stichwortgeberin ist.
Frau Dr. Eva Schumann
Fleißige Verfechterin des vom Gericht beschlossenen Wechselmodells.
Ausschnitt aus einem Interview vom 23. Juli 2019:
„Im Zentrum hat dabei das Wohl des Kindes zu stehen. Um zu bestimmen, welche Formen der Betreuung dem Kindeswohl am besten entsprechen, bedarf es der Expertise anderer wissenschaftlicher Disziplinen, insbesondere der Entwicklungspsychologie. Vor dem Hintergrund ihrer Erkenntnisse wird zu erörtern sein, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann. Wie lassen sich zudem einvernehmliche Regelungen der Eltern zur geteilten Betreuung befördern? Und welche Bedeutung sollte dem Willen des Kindes zukommen?“
Klare Ansage von Frau Dr. Schumann: Entrechtung der Mutter und Marginalisierung der Meinung des Kindes.
Frau Eva Becker
Macht sich Gedanken in einem Interview zum Thema: Mehr Geld verdienen im Familienrecht (Interview mit Henke, Dr. Lührig veröffentlicht am 03.01.2018)
Kommentar zu den Experten
Gut die Hälfte der Experten der Arbeitsgruppe sind bei einfacher Internetrecherche als Unterstützer der Neumaskulinisten, die sich häufig in Väterrechtsorganisationen organisieren, zu erkennen. Sämtliche Experten sind Juristen, die an den Schaltstellen der Macht angekommen sind.
Ich hätte mir eine/n Experten/in gewünscht, der/die Erfahrung in einem Frauenhaus oder in einer Beratungsstelle für Gewaltopfer sogenannter Häuslicher Gewalt gesammelt hat. Es fehlt die Vertreterin einer Frauenrechtsorganisation, die sich für die Rechte lediger/geschiedener Mütter einsetzt. Es fehlt ein/e Pädagoge/in, die die Folgen für betroffene Kinder einschätzen kann.
- Zum Inhalt des Thesenpapiers
A1
Die Autoren sind der Ansicht, dass aufgrund der Kindschaftsrechtsreform von 1998 und der damit eingetreten Entwicklungen weiterer Reformbedarf besteht.
Tatsächlich ist auch das Sorgerecht für ledige Väter (2013) ein weiterer Schritt in diese Richtung. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass seit über 20 Jahren diese Salamitaktik zur Entrechtung der Mütter, die aber trotzdem weiterhin in der Hauptverantwortung für die Kinder stehen, geführt hat. Es ermöglicht so manchem Vater seine Machtspielchen über das neue Kindschaftsrecht auf Kosten der Mutter zu führen. Alles unter dem Vorwand des Kindeswohles.
B10
Leitprinzip der Gewaltfreiheit in der Erziehung.
Hier stimme ich mit den Autoren vollkommen überein. Die Gewaltfreiheit sollte sich allerdings auch auf sämtliche Beteiligten der Familiengerichtsbarkeit und derer Helferinstitutionen beziehen. Insbesondere bin ich gegen die Durchsetzung des Umganges bei Babys und Kleinkindern mit körperlicher Gewalt und Drohungen (bei größeren Kindern).
C13
Die Inhaberschaft der gemeinsamen elterlichen Sorge soll nicht mehr davon abhängen, ob die Eltern bei der Geburt miteinander verheiratet sind.
Schlimm genug, dass eine Mutter, im Leben und ihren Mann stehend, für jede Kindergartenanmeldung die Unterschrift des Vaters ihres Kindes erbitten muss. Mit Einführung der gemeinsamen elterlichen Sorge ab Geburt, kann selbst die Namensgebung zum Problem werden. Soll der Standesbeamte mit der Ausstellung der Geburtsurkunde warten bis das Verfahren am Familiengericht abgeschlossen ist und endlich der Name des Kindes feststeht?
Gemeinsame elterliche Sorge bedeutet, dass ein Mindestmaß an Konsens der Eltern vorhanden ist. Dieser Konsens ist sicherlich nicht gegeben bei sogenannter Häuslicher bzw. Beziehungsgewalt. Ich möchte hier eindringlich an die Istanbul-Konvention erinnern, der sich auch die Bundesregierung verpflichtet hat. Ich fordere eindringlich: Keine automatisierte gemeinsame elterliche Sorge ohne eine eingehende Prüfung der Einwendungen der Mutter. Gewaltschutz vor Vaterrecht muss gelten!
C16
Gemeinsam sorgeberechtigte Eltern (zusammenlebend oder nicht), die sich nicht einigen können, sollen eine Entscheidung des Familiengerichtes beantragen können.
Dazu sei gesagt, dass sich seit 2013 die Zahl der Verfahren verdoppelt hat. Und mit den neuen Regelungen wird dieser Trend noch an Fahrt aufnehmen. Damit ist auch der Wunsch der Expertin Eva Becker erfüllt, die sich schon längst Gedanken gemacht hat, wie man mehr Geld im Familiengericht verdienen kann.
E27+D22
Umgang soll nur noch zur Regelung des Kontaktes des Kindes mit Dritten gelten. Betreuung endet nicht mit Trennung der Eltern.
Heißt das, dass Umgangsregelungen z.B. für den Vater wegfallen und dieser nach Belieben in der Wohnung des Kindes (und somit zumeist der Mutter) erscheinen kann?
Wir als Mütterinitiative verwehren uns vehement gegen diesen Eingriff in unser Privatleben und lehnen diesen Passus entschieden ab!
F33
Anzahl bestehender Beratungsangebote soll erhöht werden.
Eva Becker: Mehr Geld verdienen im Familiengericht soll auch für den anhängigen wachsenden Beratungsapparat gelten, dank der neuen rechtlichen Regelungen.
G35
Der Wille des Kindes soll in der Regel gelten, mit folgenden Einschränkungen: Es muss reif genug sein, sein Wunsch darf nicht seinem Kindeswohl widersprechen oder irgend- welche anderen Dinge stehen seinem Wunsch entgegen.
Mit einem Wort, das Gericht entscheidet, was geschehen soll. G 36 ist an Heuchelei nicht zu überbieten. Der Kindeswille soll in der Regel keine Auswirkung auf Entscheidungen im Familiengericht haben.
Zur elterlichen Sorge im Übrigen:
Wir lehnen es ab, dass das Sorgerecht auf mehr als zwei Personen (Mutter und Vater) übertragen werden kann. Jeweilige Lebenspartner von Mutter oder Vater können zwar in die Betreuung eingebunden sein, dürfen aber keine juristische Entscheidungsbefugnis haben. Dies widerspricht dem Kindeswohl und würde im Konfliktfall nur weitere Verfahren nach sich ziehen. (Eva Becker: Mehr verdienen im Familienrecht).
Mit freundlichen Grüßen