Zu Gast bei Sünderhauf, Noichl und Co

SPD Europa-Abgeordnete Maria Noichl lud am 18.11.2015 zur „Informationsveranstaltung Wechselmodell“ im Truderinger Kulturzentrum München.

MdEP Noichl bezeichnete sich einführend als Mutter, die das Wechselmodell erfolgreich praktizierte, und rief sodann Wechselmodell-Fanatikerin Sünderhauf ans Mikrofon, um ihre Werbe-Diashow für das besagte Wechselmodell abzuspulen.
Als Podiumsgäste waren ausschließlich Befürworter des Wechselmodells geladen: ein Vertreter des Väteraufbruchs, ein betroffener Vater, ein für seine väterideologische Ansichten bekannter Rechtsanwalt plus eine Vertreterin des Verbandes berufstätiger Frauen, die das Wechselmodell als Grundlage weiblicher industrieller Karrierewünsche favorisiert.
Laut Frau Noichl brauche es keine Mutter oder entsprechenden Mutterverband als repräsentativen Gegenpol im Podium, denn schließlich sei sie selbst Mutter. Damit seien Mütter vertreten. Basta.
Nun zu den vorgetragenen selektiven Erkenntnissen von Hildegund Sünderhauf:
1) Wer ist eigentlich noch alleinerziehend ? Gibt’s doch gar nicht mehr…
Es gibt eigentlich nur 20% wirkliche Alleinerziehende – dazu zählen nur die Fälle ohne Vaterkontakt. Alle anderen haben nach Sünderhauf das Quasi-Wechselmodell. Im Prinzip sei bereits das Residenzmodell (alle 2 Wochen ein Wochenende mit einem Tag unter der Woche) ein Wechselmodell (35-63% der Betreuungszeit reicht). Die Residenz-Modell Mütter nenne man nicht „alleinerziehend“, sondern „getrennt erziehend“.
Damit sind etwa 72% aller getrennten Elternteile „getrennt erziehend“ und nicht „alleinerziehend“.
Nach Frau Sünderhauff sollten Steuerbegünstigungen für „getrennt erziehende“ komplett wegfallen, denn sie sind ja nicht alleinerziehend.

2) Ankommen und Abschiednehmen. Ja, wenn das sein muss, nehmen wir doch gleich das Wechselmodell…
Im Residenzmodell kommt es zu häufigen Übergaben der Kinder. Sünderhauff spricht von ständigem „Ankommen und Abschiednehmen“ der Kinder.
Der Sünderhaufschen Argumentation zu Folge kann man dann gleich wochenweise Blöcke einführen, denn dann muss das Kind nur jede Woche ankommen und Abschied nehmen.
Interessant ist, dass Frau Sünderhauf trotz dieser Belastung immer wieder betont, dass Kinder viel glücklicher im Wechselmodell leben. Quasi 100% der Kinder seien geradezu betört davon.
3) Mütter im Residenzmodell sind arm – ärmer – die ärmsten
Ein immer wieder kehrendes Argument von Sünderhauf ist die Armut der Mütter im Residenzmodell. Fast die Hälfte aller Mütter im Residenzmodell ist arm. Jeweils mit steigender Betreuungszeit der Väter wird die Mutter weniger arm.
In der Tat hat Sünderhauf dies mit einer Graphik belegt:
Residenzmodell = ARM
Wechselmodell = NICHT ARM
Fraglich nur, warum wir in der Mütterinitiative so viele Frauen und Kinder im Wechselmodell haben, die arm sind, da alle Kosten doppelt anfallen und kein Unterhalt gezahlt wird.

4) Mit der richtigen Literaturliste ist alles grad richtig schön
Sünderhauf präsentiert eine Literaturliste von psychologischen Studien, die alle das Wechselmodell für Kinder als absolutes „Must have“ verkaufen. Man könnte die wissenschaftlichen Referenzen von Sünderhauf womöglich als etwas einseitig ausgewählt bezeichnen.
Kritische Studien werden gar nicht erst erwähnt, nur McIntosh – ja und da wurde ja alles revidiert pro Wechselmodell. Der hat alles zurückgenommen – ist doch klar, denn Wechselmodell ist doch super…
Im Übrigen haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Kinder, die nicht das Wechselmodell genießen dürfen einen 5 Prozent höheren Cortisol Spiegel haben. Jawohl. Da sehen Sie es mal.

5) Hochstrittigkeit und Wechselmodell… geht super
Erstens sind nur 5% aller Fälle hochstrittig. Deshalb können wir diese Fälle zunächst ignorieren – hieß es im ersten Teil des Vortrags.
Später aber wurde mehrmals darauf verwiesen, dass ein hochstrittiger Fall mit Wechsemodell auch nicht hochstrittiger wird. Also wenn hochstrittig, dann ist es doch grad wurscht, ob Residenzmodell oder Wechselmodell. Deshalb nehmen wir da auch Wechselmodell. Klar, oder ?
Ach und dann gibt es sogar noch eine Studie der DIJ, die Kinder im Wechselmodell befragten und gute Ergebnisse erhielten. Wir von der Mütterinitiative denken uns vorsichtig, dass dies ja derzeit nur Wechselmodell-Kinder sein können, die freiwillig so leben, da sich die Eltern gut verstehen und das einvernehmlich entschieden haben. Das könnte theoretisch etwas mit den guten Werten des DIJ zu tun haben…?
Frau Sünderhauf geht es um das gerichtlich vorgeschriebene Wechselmodell. Auch bei hochstrittigen Fällen. Und wenn ein Elternteil (= Mutter) das einfach nicht will, dann geht das doch nicht, dann gibt es Androhung von Sorgerechtsentzug. Das muss dann mal gemacht werden, denn so geht es ja schließlich nicht, einfach etwas nicht zu wollen…. (also die Mutter).

6) Alle Länder im Slide love shared parenting… yeah
Ein weiteres Beispiel absoluter Selektivität bei der Datenauswahl wurde beim “Länder-Dia” präsentiert. Es wurden ausschließlich Länder gezeigt, in denen Wechselmodell praktiziert wird. Mittendrin Deutschland. Ja, wie gibt es denn das? Deutschland als Insel ohne Wechselmodell inmitten lauter Wechselmodell Ländern ? Wir hinken der Entwicklung hinterher, wir müssen auch schnell, ja sind wir denn so rückständig ?
Es musste gesagt werden: Deutschland ist das Schlusslicht Europas ! (uppss….)
Und dann immer wieder das schwedische Beispiel. In Schweden sind alle so schön gleichberechtigt. Alle lieben das Wechselmodell und leben es.
Kein Ton davon, dass laut neuester Forschung eine erschreckende Anzahl von schwedischen Kindern depressiv ist – die Selbstmorde-Rate ist himmelschreiend.

7) Das liebe Kindeswohl als Wille des Vaters
Selbst Sünderhauf räumt zwischendrin brav ein, dass es ja auch ums Kindeswohl gehe (was immer das in ihren Augen ist, denn es mangelt bekanntlich an einer Definition dieses Begriffes).
Aber trotz Kindeswohl-Gedöns musste nochmals betont werden, dass es beim Wechselmodel KEIN VETO der Eltern (also des Elternteils Mutter) geben darf: Denn es darf kein Elternteil (= Vater) diskriminiert werden. Es geht nämlich laut Sünderhauf auch immer um das Wohl der Eltern (= Vater).
Bei diesem Gedankengang angekommen fragt sich die Mütterinitiative, wie genau das Wohl der Eltern und die Diskriminierung mit dem Kindeswohl einhergehen kann…?

8) Eine Einzelmeinung der Politik
Es wurde von Sünderhauf angefügt, dass sogar Dr. Hammer, der aus dem Justizministerium, das Wechselmodell toll findet. Na ja, ehrlich gesagt, sei das eine Einzelmeinung. Aber diese Einzelmeinung ist mit Sicherheit richtungsweisend, da ist sich Frau Sünderhauf sicher.
Wir gehen schnurstracks in Richtung „Alternierendes Sorgerecht (ABR)“ in der Zukunft bekräftigt Sünderhauf. Das ist ein besserer Begriff als Wechselmodell, denn der kollidiert in keinem Fall mit einem Gesetz.
Und da gibt es auch noch einen Ex-Familienrichter, der sieht das alles gar nicht ein, und hat beim Gerichtshof geklagt… ja ja, da kommt was.

9) Vorteile des Wechselmodell wären:

Das Wechselmodell wirkt deeskalierend in familienrechtlichen Situationen
– wie genau soll das gehen ?
Die Mütter berichten der Mütterinitiative genau das Gegenteil. Das Kind wird noch mehr zum Spielball, Kindes-Manipulationen ist Tür und Tor geöffnet, Sport-Termine können oft nur alle zwei Wochen wahrgenommen werden, Arzttermine werden zum Problem, etc.

Das Wechselmodell wird das Problem der ungleichen Bezahlung von Frauen im Job lösen
– hä ? das müsste uns nochmals genauer erkärt werden

Mit Wechselmodell bekommen beide Eltern volles Wohngeld (äh – zumindest in Nürnberg)
– Ach so. Gutes Argument

10) Wechselmodell wird ab dem Alter von 0 Jahre verordnet

Eine Graphik klärt uns auf, ab welchem Alter, welche Art von Wechselmodell sinnvoll sei.
Im Alter von 0-2 Jahren (das wären also Neugeborene, Säuglinge und Kleinstkinder) sollten die Kinder ins 2:2:3 Modell. Also 2 Tage Elternteil1, dann 2 Tage Elternteil2, dann langes Wochenende Elternteil1, dann 2 Tage Elternteil2 usw.

Die Mütterinitiative fragt sich an der Stelle, ob es doch eine Comedy-Veranstaltung ist, an der sie teilnimmt. Stillen und so ? Egal.

Ach ja, Frau Sünderhauf meinte auch, es sei egal, wie das Kind bei Elternteil2 ernährt wird. Ja meine Güte, dann schaut das Kind halt eine Woche ständig fern und isst nur fettige Wurst mit Pommes. Das kann so ein Kind schon mal ab, denn das hat nichts mit Erziehungsstil zu tun, nur mit „Regeln“.

11) Summa Summarum

Die Kinder müssen das schon alles wollen. Aber die lieben das sowieso.
Wechselmodell sei am allerbesten für Kleinkinder und Kinder im Grundschulalter.
Im Teenageralter so mit etwa 12 Jahren wollen die Kinder lieber Zeit mit ihren „Peer Groups“ verbringen (ja, das hat sie tatsächlich so gesagt).
Nicht, dass jemand auf den Gedanken kommt, dass die Kinder mit 12 reif genug sind, ihren Wunsch zu äußern bei Muttern zu leben. Neeeeiiinnn, es geht um die Peer Groups…
Ach ja, Mütter wollen das Wechselmodell bloß nicht, weil sie dann nicht mehr umziehen können. Vergessen wurde dabei, dass Mütter in keinem Modell umziehen dürfen, denn dieses Recht wird ihnen schon lange nicht mehr zugestanden.

Alles in allem sind die Vertreter der Mütterinitative stolz, soviel Unsinn in 60 Minuten ertragen zu haben.

Speech 2

4 Gedanken zu “Zu Gast bei Sünderhauf, Noichl und Co

  1. Ich verstehe nicht, dass KEINER der Wechselmodellbefürworter erwähnt, dass alle derzeitigen Studien über das Wechselmodell in Familien mit gleicher Rollenverteilung gemacht wurden. Frau Sünderhauf hat die Genderproblematik in ihren Forschungen völlig ausgeblendet, weil sie davon ausgeht, dass alle Mütter so viel Geld verdienen, wie sie selbst als Anwältin mit einer Professur. Auch ihre ach so gut verdienenden Wechselmodellkollegen haben nicht die blasseste Ahnung von der Armut vieler Wechselmodellmütter. Wie kann eine Wissenschaftlerin SO DERMASSEN verblendet sein, dass sie die wirtschaftlichen Gegebenheiten und die Genderproblematik völlig ignoriert?
    Ebenso ist es mit Herrn Linzer vom ISUV – ein schwerreicher Anwalt, der auf das Wechselmodell schwört, weil er so viel Geld hat.
    Vielleicht werde ich sie mal einladen. Dann können sie vielleicht einen Euro in meinen Gitarrenkasten werfen, wenn ich auf der Straße stehe und Musik mache, damit ich die nächste Klassenfahrt bezahlen kann.

  2. Auch billigste Polemik und plumper Zynismus von Isabellgaudi können nicht darüber hinweg täuschen, dass Väter in der deutschen Familienrechtsprechung bisher dramatisch diskriminiert werden und dies mitnichten zum Wohl der Kinder geschieht.
    Wenn man ganz offen und ehrlich die Verhältnisse betrachtet, erkennt man, dass es in den allermeisten Fällen lediglich um Kontrolle, Macht und Geld geht.
    Und möglicherweise in manchen Fällen darum, dass die Mütter nicht ertragen können, dass ihre Kinder die Papas ebenso sehr lieben und brauchen, wie sie selbst und daher einen fairen, gleichwertigen Umgang sabotieren.
    Da kann man den egoistischen Damen und der diese Frauen unterstützende Rechtsprechung nur gratulieren.
    Wo steht geschrieben, dass Mütter die besseren Menschen oder liebevolleren Bezugspersonen sind?
    Und wieso sollten Frauen, unabhängig von ihrer Bildung und beruflichen Situation von einem Mann über Jahre oder womöglich Jahrzehnte alimentiert werden, bloss, weil sie mit ihm zusammen ein Kind bekommen haben, vor allem, wenn er sich doch gleichwertig an Erziehung und Fürsorge beteiligen möchte?
    Ist das Gleichberechtigung?
    Aber genau da hört der Spass auf, nicht wahr?
    Warum sein eigenes Leben als Frau komplett selber finanzieren müssen, wenn man doch viel einfacher „notgedrungen, zum Wohle des Kindes natürlich, beruflich etwas kürzer treten kann.“
    Da muss selbstverständlich der, ohnehin besser verdienende, Ex-Partner einspringen, ist ja eh nur ein Mann und der Kontakt zwischen dem gemeinsamen Kind und ihm ist ja auch nachrangig und natürlich viel weniger wert als der Kontakt zur heiligen Mutter…
    Es ist unglaublich bedauerlich, dass der „ewige Kampf der Geschlechter“ hier buchstäblich auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wird, die auf diese Weise, wenigstens in Deutschland, von – in der Regel ihrem Papa – im Alltag weitestgehend Abschied nehmen müssen, obwohl diese Bezugsperson Teil der eigenen Identität und unersetzlich ist – genau wie die Mutter.

    1. Ganz offensichtlich geht es Ihnen um Geld. Diese ganze Wechselmodell Thematik geht um Geld. Sie vergessen, dass die Großzahl der Kindsväter (40%) gar keinen Unterhalt bezahlt. Schon gar nicht diese „Väter“, die sich vor dem Familiengericht einen Wolf klagen – auf Kosten der Seelen der Kinder. Sollte ein „Vater“ zahlen, so ist das so minimal, dass davon bestimmt niemand leben kann. Da brauchen Sie doch keine Angst haben. Sie diskutieren hier mit einer sehr gut verdienenden Vollzeit-berufstätigen Mutter 🙂

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